Nachbericht 99. Typostammtisch: Buchvorstellungen

Ein sportliches Vortragsformat erfordert einen sportlichen Nachbericht: Foto Mensch(en) und Werk(e), kurzer Text, nächste(r) bitte! Alphabetische Reihenfolge. Bereit?

Till Wiedeck, François Elain: Auf Wasser gebaut

Till Wiedeck bringt die alphabetische Reihenfolge gleich zu Beginn ins Wanken, ist er doch auf Abruf, früher wegzumüssen. Der Wecker ist gestellt – 5 Minuten ab jetzt! Till zeigt das Buch „Auf Wasser gebaut“ über den deutschen Pavillion der Biennale Venedig (2009–2022) und spricht in English. “For all you typo nerds” he shows us a typeface designatedly designed for the book by François Elain at Till’s studio HelloMe and a really nice cover with inverted silver and white paper effect. Nice if you are into art books and catalogues.

Jenna Gesse: Königswege zum Unglück

Als nächstes kommt Jenna Gesse nach vorn, im Gepäck ihr strahlend gelbes Büchlein, das „Königswege zum Unglück“ aufzeigt, Strategien also, die wir lieber kennen sollten, um sie wahlweise zu bekämpfen oder wegzulächeln. Ein Beispiel? „Seine Vergangenheit nutzen, um die Gegenwart zu zerstören“. Jenna hat all diese Kurzsätze von Frank Berzbach auf einer alten Schreibmaschine getippt („weil ich wollte, dass man es sieht, wenn ich mit Kraft in die Tasten haue“). Die entstandenden Wortbilder geben dem Text weitere Ebenen. Für alle, die sich gern reflektieren oder noch „etwas Kleines“ verschenken möchten.

Oliver Johannsen, Reinhard Deutschmann: Hypergraphie

Nach dem Intermezzo mit der Schreibmaschine kommen Oliver Johannsen und Reinhard Deutschmann (ja, Künstlername!) vom Kollektiv Hypergraphie nach vorn. Hypergraphie ist ein manischer Zustand, bei dem Betroffene eine „zwanghaften Schreibwut“ auf allen Flächen erleben. Nicht ganz von der Hand zu weisen für ein Künster·innenkollektiv, das hauptsächlich Graffitti praktiziert. Einmal im Jahr sei „Tag der Abrechnung“: Alle Mitglieder zeigen schonungslos alle Arbeiten aus einem Jahr. Das Kollektiv diskutiert und sammelt den besten Content im hier präsentierten Magazin, inkl. lyrischen Sternstunden wie „Ode an den Backjump“. Zu erwähnen ist die DIN 1451, einstmals Normschrift für Verkehr und Logistik, die dem Katalog in mehrfach analog-digital-schablonierter Aufarbeitung als Headline-Schrift innewohnt (auch zu sehen auf der Webseite). Für alle, die sich für kollektiven Ungehorsam begeistern.

Frank Ortmann: Schreibenlernen mit der Hand bildet Formsinn und Verstand

Mit dem Schreiben kennt sich auch Frank Ortmann aus, der originale Schreibvorlagen zur Schulausgangsschrift (SAS) von und mit Renate Tost gesammelt, nachgezeichnet und in Buchform verewigt hat – einfach „weil es mich angekotzt hat“, dass die SAS als Auslaufmodell angesehen und immer gefragt wird: „Können wir die nicht weglassen?“ Nein, im Gegenteil, denn es gab noch keine Abhandlung über die SAS. Diese Lücke haben die beiden nun mit dem durchaus süffisanten Titel „Schreibenlernen mit der Hand bildet Formsinn und Verstand“ geschlossen. Für alle, die mal wieder zu den Ursprüngen zurückwollen.

Yulia Popova: How many female type designers do you know?

Yulia Popova is very glad to present her book “How many female type designers do you know?“ at Typostammtisch in particular because according to her, the project started at a Typostammtisch a few years ago. In her book, she portrays women in the industry, placing biographies at the beginning of the book because „they are important“. The project started as a graduation project and was extended by a large research part on early female type designers. Highly recommended and also part of our Typostammquiz Gabentisch in December. Thanks, Yulia! 

Ulrike Rausch: Making Fonts!

Die alphabetische Reihenfolge bringt mitunter schöne Cluster hervor: Als nächstes zeigt uns Ulrike Rausch (definitely a female type designer we know) die Bücher „Making Fonts“ und „Designing Fonts“, die sie gemeinsam mit Chris Campe geschrieben hat. Wem der Unterschied zwischen beiden Titeln spontan nicht klar ist: es gibt leider viele. Eigentlich sollte „Designing Type“ lediglich die englische Version von „Making Fonts“ sein, am Ende sieht es aber aus wie ein anderes Buch. Nach fünf Minuten Blättern unter der Kamera und kurzweiligen Insights zu Verlagsentscheidungen steht fest: das Buch für alle, die digitale Schriften machen oder machen wollen.

Martin Z. Schröder: Essayreihe

„Was kann man da machen, mein Buch ist so hässlich?“ Fragen wie diese hört Martin Z. Schröder öfter. Üblicherweise rät er: „Nichts. Wechseln Sie den Verlag!“ – wieder so eine Überleitungsperle der alphabetischen Abfolge, vielleicht aber auch schriftgestaltungsimmanentes zwanghaftes Herstellen von Parallelen in einer diversen Menge. Bitte um Nachsicht. Zurück zu Martin Z. Schröder, dessen besagter Ratschlag der Anfang einer bisher 12-jährigen Zusammenarbeit an der Essayreihe des Verlags Zu Klampen war. Ziel der Neugestaltung der Serie (in Abgrenzung zu „diesen ewigen Ölgemälden“): rein typografische, zeitlose Titel, „kein Brimborium“. Durchdachte Gestaltung und durchdachter Inhalt. Für alle, die gern im Bett lesen (die Fußstege sind nämlich extra breit für die Daumen).

Jesse Simon: Berlin Typography

Next one up: Jesse Simon (our host of October’s type walk). Welcome back! Jesse shows his book “Berlin Typography” and explains that this project started in 2016 by spotting the “Betten-König” sign in Lichtenrade. Afterwards, he headed over to documenting the city rigously. “And by ‘rigously’, I mean walking every street (multiple times)”, Jesse explains. Somehow, his efforts are “a race against time” because a lot of signs are disappearing, unless buildings are protected by Denkmalschutz which means that the signs will stay as well. We are happy to have a copy of “Berlin Typography” on the Gabentisch. Thanks, Jesse!

Patrick Marc Sommer: Das ABC der Typografie

Patrick Marc Sommer zeigt uns das Buch „Das ABC der Typografie“, das er gemeinsam mit Natalie Gaspar geschrieben hat. Entstanden ist das Projekt zu Beginn der Corona-Zeit, dementsprechend gäbe es „abwischbares Papier“. „Wir wollten ein kleines Buch machen, aber es sind dann doch 400 Seiten geworden“, so Patrick weiter. Das Werk ist sehr nah an In Design und gibt praktische Hinweise zu vielen, vielen alltäglichen Themenbereichen der Gestaltung mit Schrift. Hinsichtlich der bald erscheinenden 2. Auflage ruft er zu Verbesserungs- bzw. Ergänzungsvorschlägen auf. Laut Selbsteinschätzung „für Studierende und Berufseinsteiger·innen“.

Felix Walser: Ruth Wolf-Rehfeldt

„Vor 5 Jahren war ich schon mal beim Typostammtisch und habe etwas vorgestellt.“, sagt Felix Walser, der uns den Katalog zur tollen Ruth Wolf-Rehfeld Ausstellung im Berliner Kupferstichkabinett mitbringt. Er erzählt, ähnlich wie Jenna Gesse, von den technischen Limitationen, die das Medium Schreibmaschine mit sich bringt und es gerade deshalb, gerade heute so interessant machen. Es sei nicht so einfach, den Typewritings von Wolf-Rehfeld im Katalog „gestalterisch etwas entgegenzusetzen“, so Felix. Da die Texte jedoch „einen Monat zu spät kamen, hatten wir Zeit“. Am Ende fand doch noch die eigens für das Projekt digitalisierte Variante einer alten DDR-Schreibmaschinenschrift ihren Platz im Buch. Für Ausstellungsbesucher·innen und Schreibende.

Stefanie Weigele: Spitzfederkalligrafie

Als nächstes begegnen wir der beeindruckenden Schreibkunst von Stefanie Weigele, die ein Kompendium zur „Spitzfederkalligrafie“ geschrieben hat. Es bietet umfassende Informationen zu Ursprüngen (klassische englische Schreibschrift), Werkzeugen, Übungen, Körperhaltung, Verzierungen, und und und, was uns Stefanie mit der ihr innewohnenden, mitreißenden Begeisterung für das Thema vorträgt. Für alle, die sich für 2023 etwas vorgenommen haben – und zu gewinnen beim Dezemberquiz. Danke, Stefanie!

Sascha Thoma, Ben Wittner: Bi-Scriptual

Ben Wittner und Sascha Thoma leiten mit ihrem Buch „Bi-Scriptual“ den letzten Teil der Buchvorstellungen ein – qua alphabetischer Reihenfolge ein Cluster, das sich mit Multiscript-Typografie beschäftigt. Die beiden waren im September schon bei uns zu Gast; heute geht es ausnahmslos um das Buch. Aufgeteilt in die Kapitel Arabic, Cyrillic, Devanagari, Greek, Hangul, Hanzi, Hebrew, Kanji/Hiragana/Katakana, sowie einen Essaypart, gibt es uns Herangehensweisen und Beispiele zur Gestaltung mit mehreren Schriftsystemen an die Hand. Für alle, die über den Tellerrand blicken.

Yi Meng Wu: Yaotaos Zeichen

„Yaotaos Zeichen“ von Yi Meng Wu ist ein Kinderbuch. Ein Herzensprojekt, in dem Yi Meng ein franko-chinesisches Umfeld zeichnet. Es geht um ein Archiv chinesischer Schriftzeichen in Lyon, das es wirklich gibt, und um die Zeit zwischen den Weltkriegen, „als das Bauhaus nach China schwappte“, wie sie erklärt. In der Geschichte findet ein kleines Mädchen einen Koffer mit chinesischen Schriftzeichen und macht sich auf eine lange Reise. Ausgezeichnet als eines der „schönsten Bücher Chinas“. Für vorlesende Typografiebegeisterte.

Susanne Zippel: Meine Heimat Zwei Länder

Den Abschluss bildet Susanne Zippel mit ihrem Buch „Meine Heimat Zwei Länder“. Dieser Satz stimmt zwar grundlegend, trotzdem zeigt er nicht annähernd, welches Ausmaß dieses Projekt hat: Es geht um nichts weniger als persönliche Geschichten von Menschen, die die Wende miterlebt haben. Schonungslos, ehrlich, aufwühlend. Susanne hat alles selbst zusammengetragen, gestaltet und verlegt (Exemplare auf Anfrage). Jedes Buch hat ein individuelles, magnetisches (Wende-)Cover und beinhaltet jede Menge Herzblut. Und als wäre das nicht genug, hat Susanne auch koreanische Freunde, die mit der Teilung ihres Landes ähnliche Erfahrungen wie wir gemacht haben, zu ihren Geschichten befragt. All diese Erfahrungen stellt sie gegenüber und nebeneinander. So schön unser 5-Minuten-Format ist – für Susannes Buch war es zu kurz. Das Buch für alle, die sagen wie es ist und war.

Stillleben mit Lampen und Büchern
Nach den Vorträgen blieb viel Zeit, um die Bücher in Ruhe anzuschauen.
Jesse Simon shows the initial sign: “Betten-König”.
Das Publikum lauscht Martin Z. Schröder.
Die Intensität von Susanne Zippels Projekt geht unter die Haut.
Quizfrage zum Abschluss: Wie viele Bücher hat Ulrike Rausch geschrieben?

17.11.2022: Bücherstammtisch

So leichtfüßig wie beim letzten Typostammtisch (hier unser Nachbericht) gehen wir gemeinsam in den November. Die Tage werden kürzer, die Abende werden abendlicher und wir Schriftmenschen sehnen uns mehr und mehr nach wärmender, buchangereicherter Kost.

Also laden wir euch zur Buchvorstellung ein! Ähnlich sportiv wie bei einem traditionellen Pecha Kucha, bei uns allerdings abgehalten als analoges Vortragsformat, stellen Berliner· oder Nahberliner·innen (zum Beispiel aus Potsdam) ihr Buch vor. Alle ausgewählten Bücher sind in den letzten Jahren erschienen und haben, logisch, Schriftbezug, innen oder außen. Die Autor·innen und/oder Designer·innen selbst bringen sie mit und präsentieren sie für uns.

Um Vorfreude zu schüren, bleibt die Liste der buchvorstellenden Menschen vorerst geheim. (Zudem warten wir noch auf Rückmeldungen/Bewerbungen und hätten noch ein, zwei Plätze zu vergeben.) Dafür lüften wir nun ein anderes Geheimnis, nämlich das um den Typostammtisch #100: Info weiter unten. Bitte scrollen durch Weiterlesen!

Wann? Donnerstag, 17. November 2022, 19 Uhr; Einlass ab 18:30 Uhr
Wo? Eisenacher Straße 56, im Studio LucasFonts, 2. Hinterhof, 10823 Berlin-Schöneberg

Bis dahin,
Euer Typostammtisch-Team


Vom 4. bis 12. November findet in der Oberlandstraße ein interdisziplinäres Festival über Zuhause, Stadtökologie und nachhaltige Formen des Zusammenlebens statt, bei dem der großartige syrische Kalligraf Mouneer Al‘ Shaarani Workshops gibt. Galerie p98a bietet vom 17. November bis 4. Dezember in der Reihe Wir machen Bücher Lesungen, Gespräche, eine Ausstellung und vieles mehr. Im Rahmen der Ausstellung zum Hannah-Höch-Preis 2022 sind ab sofort und bis Anfang Februar im Kupferstichkabinett die Typewritings von Ruth Wolf-Rehfeldt zu sehen.

Hinweis in eigener Sache:

Typostammtisch #100 (ja, 100!!!) wird ein Quiz an einem ganz besonderen Ort und zwar erstmalig, richtig vorweihnachtlich, in einer Kirche. Genauer gesagt im KulturRaum Zwingli-Kirche in Friedrichshain. Bitte haltet euch bei der Planung von Firmenfeiern und Familie den 15. Dezember frei! Wir würden uns freuen, viele Weggefährt·innen, Stamm- und neue Gäste zu diesem besonderen Jubiläum begrüßen zu dürfen. Die Ratefüchse unter euch konnten ja hinreichend Kraft und Wissen sammeln: Es ist pandemiebedingt das erste Typostammquiz seit drei Jahren!


Die Titelzeile zeigt eine Schrift von Sina Otto mit dem Arbeitstitel Schöneberg, geboren 2015 und gewachsen in der Klasse von Lucas de Groot 2016/17. Release geplant für 2023.

Nachbericht 76. Typostammtisch: Kurzpräsentationen im Grünen

Es war ein wunderschöner Abend. An dieser Stelle gleich nochmal ein Riesendankeschön unseren Gastgeberinnen Heike Nehl und Si­byl­le Schlaich! Der Hinterhof der Moniteurs in der Ackerstraße entpuppte sich als grüne Oase, dicht bewachsen, frisch beplankt von Alex Branczyk, der mit seinen Schwesterfirmen xplicit und drucken3000 im gleichen Hof sitzt und kurzerhand noch ein paar passgenaue Holzbänke gebaut hatte. Es war dann aber auch jeder Platz besetzt. Und das gab es zu sehen, zu hören, zu bestaunen:

Beatriz Rebbig, Berit Kaiser von Rohden (Moniteurs) – „Apfelgriebs, Behavior, Co-creation: Das ABC der Piktogramme“
Beatriz Rebbig, Berit Kaiser von Rohden (Moniteurs): „Apfelgriebs, Behavior, Co-creation: Das ABC der Piktogramme“Zum Auftakt gaben uns Beatriz und Berit, zwei Mitarbeiterinnen der Moniteurs, einen Überblick über eines der Spezialgebiete der Agentur: Piktogramme, Icons, Bildsymbole, wie sie in Wegeleitsystemen zum Einsatz kommen und passgenau für bestimmte Orte, Themen und Auftraggeber entwickelt werden. An ihnen und ihrer konzeptionsstarken Arbeit wie dem Terminal-Orientierungssystem kann es definitiv nicht gelegen haben, dass der Weg zum neuen Flughafen für Berlin so beschwerlich ist.

Dan Reynolds – „Die Norddeutsche Schriftgießerei“
Dan Reynolds: „Die Norddeutsche Schriftgießerei“Dan ist ein wandelndes Schriftgießereienlexikon, besser gesagt: Lexikon, Lageplan, Geschichtsbuch, Gestalter und Forscher in einem. Was er an Wissen und Detailfreude an den Tag legt, macht ihm so schnell keiner nach. Die Anwesenden durften staunend feststellen, dass sie sich mit ihren heutigen Firmen – ob vor Ort in Mitte oder im fernen Schöneberg gelegen, so Dans anlassbezogene Forschungsschwerpunkte – in den Epizentren der Schriftgießerien auch vorheriger Jahrhunderte befinden.

Jenna Gesse – „Form und Inhalt sind jetzt Freunde“
Jenna Gesse: „Form und Inhalt sind jetzt Freunde“Jenna ist Dozentin, Redakteurin, Gestalterin durch und durch. Im besten Sinn Generalistin, sind bei ihr Schrift und Sprache, Form und Inhalt, Sinn und Witz Freunde. Wir staunen über Jennas Einfallsreichtum und die ruhige Art, mit der sie ziemlich beste Gestaltungsideen präsentiert: etwa ihre minimalistisch visualisierte Autobahn, mit Begleitsound, Anklänge konkreter Poesie. Mich begeistert, wie leicht und vielschichtig die Autorin-Designerin von Leerzeichen für Applaus zeigt, dass Text gestaltete Sprache ist.

Daria Petrova, Inga Plönnigs – „Zukunftsschriften“
Daria Petrova, Inga Plönnigs: „Zukunftsschriften“Daria und Inga sind mit ihrem Vortrag über Future Fonts die Überraschungsgäste des Abends. Weil sie nicht nur ihre beiden sehr eigenwilligen, konzeptionsstarken Schriften Messer und Zangezi vorstellen und Einblicke in den Status quo ihrer persönlichen Gestaltungsprozesse geben, sondern das Prinzip der neuen Schriftplattform erklären: Type Designer können „unfertige“ Schriften einstellen und bereits zum Kauf anbieten, aber auch Feedback, Lob und Kritik erfragen und sich so im weiteren Ausbau ihrer Schrift begleiten lassen, von Nutzern, Fans und Kolleginnen.

Benedikt Bramböck – „Kategorie: Lückenhaft“
Benedikt Bramböck: „Kategorie: Lückenhaft“Benedikt möchte Wikipedia besser machen. Und zwar in einem entscheidenen, nämlich unserem Feld: Schriftgestalterinnen und Schriftfirmen sind im globalen Lexikon nur unzureichend vertreten und beschrieben, to say the least. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Es fehlen vor allem Mitschreiberinnen, die das Ganze als Redaktionsgruppe in die Hand nehmen würden – so Benedikts Idee und Aufruf, eine Stimmung hoffnungsfroh-entschlossenen Ärmelhochkrempelns verbreitend. Gemeinsam sollte der Missstand zügig in den Griff(el) zu bekommen sein. Meldet euch!

Elena Albertoni – „(Not) always hand paint!“
Elena Albertoni: „(Not) always hand paint!“Elena widmet ihre Energie handgemachten Hausinschriften. Die versierte Schriftgestalterin war Mitarbeiterin bei LucasFonts und gründete 2005 Anatoletype. Jetzt belebt sie eine alte Profession neu, führt sie in die heutige Zeit und fügt ihr neue Qualitäten hinzu. Ihr Angebot umfasst die direkte Dienstleistung vor Ort, das Gestalten einer Ladenfassade nach den Wünschen der Besitzer, Beratung und direkte Anbringung, sprich, professionelle Bemalung der Hauswand. Eine von Elenas Spezialitäten ist das Arbeiten mit Blattgold – um zu untermauern, dass ihr Handwerk in Berlin goldenen Boden (und fundierte Tradition) hat? Wir sehen sie vor unserem geistigen Auge mit Farbpalette und Handkarren durch die Straßen ziehen und alles verschönern.

Christine Wenning – „Arbeite hart und sei nett zu den Menschen“
Christine Wenning: „Arbeite hart und sei nett zu den Menschen“Christines Vortrag ist einer der spannendsten des Abends. Sie berichtet gar nicht über ihre Arbeit direkt, sondern wie sie heute arbeitet. Nach Stationen in Hamburg, Berlin (Edenspiekermann, TYPO Berlin) und Bielefeld arbeitet sie heute in einer Agentur, deren Chef zu den Innovatoren der Branche, wenn nicht der gesamten Arbeitswelt gehört: Lasse Rheingans hat in seiner Agentur (nomen est omen) Digital Enabler die 25-Stunden-Woche bzw. den „5-Stunden-Tag im Selbstversuch“ eingeführt und sorgt damit für Furore. Es klappt uneingeschränkt. Das ganze Team arbeitet fünf Stunden am Tag, bei voller Bezahlung und gleichem Urlaub, und alle sind begeistert. Auch die Kunden. Wie das in der Praxis funktioniert und effizient ist, macht Christine fein anschaulich.

Charlotte Rohde – „Type Club Düsseldorf“
Charlotte Rohde: „Type Club Düsseldorf“Charlotte sieht ihren Type Club als „Plattform für Schriftgestaltung und -forschung“, insbesondere „für Schriftkonzepte von Studenten der Hochschule Düsseldorf“. Sie präsentiert Schriften und deren Gestalterinnen, Aktionen und Ausstellungen. Eine Schriftskizzensammlung, Vorträge und Interviews gehören dazu, ebenso der Austausch etwa mit Studierenden der UdK Berlin (Elias Hanzer) und Kolleginnen zum Beispiel von Riesling Type, Hamburg (konsequente Namenswahl der Herren Durst und Weinland). Sehr schön, zu sehen, wie allerorts Schriftfans zusammenfinden!

Gunnar Bittersmann – „FOIT, FOUT, FUCK.“
Gunnar Bittersmann: „FOIT, FOUT, FUCK.“Gunnar bewies in seinem Vortrag extrem gutes Rhythmusgefühl, kein Wunder, tritt er doch als Gitarrero einer Rockband auf. Er zitiert Laura Kalbag, Accessibility for Everyone, überzeugt mit schrifttechnischem Sachverstand und schlüssigen Abkürzungserklärungen (WOFF = weg mit den ollen Font-Formaten, FOIT = flash of invisible text usw.). Mit weiteren Detail muss ich leider passen und darf an dieser Stelle auf unseren bisher einzigen Typotechnikstammtisch verweisen. Und sprecht Gunnar selber an! Als Stammgast ist er stets präsent und offen dafür. Toll fand ich seine Anmerkung, dass in jedem Schriftvortrag (so also auch in seinem) eine Folie in Comic Sans zu erfolgen habe. 

Inga Plönnigs – „Magnetische Momente“
Inga Plönnigs: „Magnetische Momente“Inga machte in Ergänzung zum Future-Fonts-Vortrag (gemeinsam mit Daria Petrova, siehe weiter oben) wo sie Messer publiziert, ihren Gestaltungsprozess zur Magnet deutlich, mit der sie bei Type and Media in Den Haag graduierte. Begleitet von Feststellungen wie „das ist ja interessant“ und unerwarteten Entdeckungen wie dem „opportunistischen Kontrast“ durchleben wir mit ihr den Entwicklungs-, oder sollten wir sagen: Erweckungsprozess einer Schrift in schönster Transparenz. Es sei an dieser Stelle zu Ehren der Magnet eine wortspielerische Plattitüde erlaubt: höchst anziehend!

Jacob Heftmann – „Telling the Story of IBM Plex“
Jacob Heftmann: „Telling the Story of IBM Plex“Jacob, unsere Zufallsüberraschungsgast aus New York, macht anhand der Plex für IBM das Thema Custom Type plastisch, oder mehr noch: Branding mit Schrift. Corporate Branding, in diesem Fall. Das Unternehmen IBM setzt mit seiner neuen Haus- und Universalschrift markentechnisch Maßstäbe und macht sich noch unverwechselbarer. Wunderbarerweise wurde ein internationales Team Native Speaker und Type Designer diverser Sprachen und Schriftkulturen zusammengestellt – nur so kann es gehen und nur so geht es richtig, wird es richtig gut. Im Ergebnis ist die IBM Plex bestens gelungen, wird der Schriftgestaltungsprozess mitsamt aller Beteiligten exzellent kommuniziert und ist die (vom Publikum nicht uneingeschränkt gutgeheißene) Verbreitung als Free Font nur konsequent: IBM hat einst schon als Weltmarktführer und SchreIBMaschinen-Kultmarke auch in Deutschland das maschinelle Schreiben, ergo die selbsttätige Erstellung, Verbreitung und Vervielfältigung von Text ganz wesentlich vorangetrieben. Großes Lob, Dank und Huldigung meinerseits.

Lukas Horn – „fragenziehen“
Lukas Horn: „fragenziehen“Lukas hat sich ein großartiges Interview-Format ausgedacht: Die zu Befragenden ziehen sich ihre Fragen selbst. Gesetzt ist eine feste Karte mit der Aufschrift „Schrift“. Auf allen anderen Karten stehen andere Wörter, wie Innovation, Kunst, Musik, Natur, Toleranz und Trend, alle möglichen Wörter halt, die man sich zuziehen kann. Man reagiert auf die Kombination, also zum Beispiel (wie icke) auf „Schrift und Liebe“, oder „Schrift und Sprache“ (hatte ich zum Glück auch). Vom Publikum befragt nach Auffälligkeiten beim Antwortverhalten teilte Lukas mit, dass nicht etwa Paarungen wie „Schrift und Sex“ zu Schüchternheit führten, sondern bislang nur bei „Monopol“ auffallend zögerlich reagiert bis gar Antwort verweigert wurde. Aber dann gilt: neue Karte, neues Glück.

Manuel Viergutz – „Design ■ Fresh 😎 Display-Fonts 😍“
Manuel Viergutz: „Design ■ Fresh 😎 Display-Fonts 😍“Manuel machte den würdigen Abschluss, auch er ein Vortragender mit Heimvorteil. Als Mitarbeiter von drucken3000 ist er hier im Hof sozusagen zuhause und zeigt, wie er das Handwerkliche in die digitale Tat umsetzt. Seine rauen, rustikalen, bulligen Buchstaben erinnern an Kartoffeldruck und Holzschnitt, an grob Gehauenes und, wie soll man sagen: körperlichen Gestaltungspaß. Ob Hausnummern oder Schreibmaschinen, Aufblas- oder Spielbuchstaben, Manuel findet und setzt um und hat, unglaublich produktiv wie er ist, bereits rund 40 ausdrucksstarke Display Fonts im Sortiment. Tendenz steigend.

Das war allerhand. Es war schön, es war berührend und lehrreich. Volle Punktzahl auch für unser Publikum, das jeden Vortrag ebenso interessiert wie humor- und liebevoll begleitet hat. Man gab spannende Nachfragen, witzige Zusatzideen, launige Kommentare und Anekdotisches zum besten, teilte Fachwissen und Hintergründe. Fröhliche Bereitschaft zum fortgesetzten Austausch auch bei den Vortragenden, genug Bier und handgepflückte Pfefferminze für frischen Tee (die Stimmbänder der Moderatorin hatten etwas gelitten) – was will man mehr!

Hier noch ein paar Eindrücke von der Atmosphäre des Abends (Fotos Sol Matas):

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28.06.18: Pecha-Kucha-Abend

Es ist wieder soweit! Einmal jährlich widmen wir uns traditionell dem Pecha Kucha. Freut auch auf das sportlichste aller Vortragsformate in exakt 12 × 6:40 Spielminuten.

Das Feld reicht von Piktogrammen, typografischen Werkstätten und Clubs, Display-Fonts und Work-Life-Balancierungen über Fragen zu Form und Inhalt und Schrift und Leben zu ominös nur Angedeutetem und Zukunftsschriften. Lassen wir uns überraschen. Herzlichen Dank schon an dieser Stelle allen Vortragenden, die mit ihrer Leidenschaft und ihrem Wissen den Abend bereichern werden. Wir freuen uns auf:

Wann? Am Donnerstag, den 28. Juni um 19 Uhr (Vorträge 19:30)
Wo? Bei den Moniteurs in 10115 Berlin-Mitte (Lageplan), Acker­stra­ße 21–22
Achtung: Klingeln bei Xplicit und drucken3000, dann durch in den Hof

S-Bahn: Linien S1, S2, S25, S26 bis Nordbahnhof (580 m Fußweg)
U-Bahn: Linie U8 bis Rosenthaler Platz (ca. 535 m Fußweg)
Tram: 12 und M8 bis Pappelplatz (ca. 135 m Fußweg)

Bis dahin,
euer Typostammtisch-Team


Als (typo-)grafische Großereignisse empfehlen wir außerdem die Hochschulwerkschauen:

Am 14./15. Juli 2018 jeweils von 12 bis 20 Uhr findet der Rundgang der Kunsthochschule Weißensee statt. Zu sehen sind Arbeiten aus dem Studiengang BA/MA visuelle Kommunikationaber auch Mode- und Produkt-Design, Bühnen- und Kostümbild (persönlicher Tipp: die dortige Bildhauerei und Raumstrategien). Als „feste Größe im Berliner Kultursommer“ gilt vielen der UdK-Rundgang. Wir empfehlen – 20. bis 22. Juli – den Fachbereich Visuelle Kommunikation im Medienhaus am Kleistpark. Dort gibt seit kurzem unser Stammgast Dr. Thomas Maier die „Typo-Werkstatt“; mehr zum Thema „Schrift unterrichten“ gab es bei uns Anfang des Jahres. Zeitgleich, am 20. und 21. Juli, finden die Werkschau der HTW und die Werkschau der FH Potsdam (Ausstellung ab Freitag 15 Uhr, Samstag 11 bis 21 Uhr, Anfahrtsplan). Dort unterrichten Luc(as) de Groot und Frank Rausch; beide haben jüngst Grundsatzvorträge in Sachen Schriftgestaltung und Typografie gegeben: Luc(as) de Groot auf den TYPO Labs 2018 und Frank Rausch auf der TYPO Berlin 2018. Auch der Weg nach Halle lohnt sich, schon am 14./15. Juli: zur Jahresausstellung an der Burg Giebichenstein.


Die Titelzeile ist gesetzt in der Zangezi Italic von Daria Petrova, erhältlich bei Future FontsDas Titelbild zeigt die Aufrechte Variante von Zangezi, zusammen mit einem noch namlosen Schriftentwurf von Benedikt Bramböck.

Nachbericht 66. Berliner Typostammtisch: Pecha Kucha

Erneut geht ein wundervoller Abend mit wundervollen Menschen zu Ende. Die letzten Gäste gehen, die Stühle werden zusammengeklappt und beiseite geräumt, die freundschaftliche Enge eines gemütlichen Wohnzimmers wandelt sich zurück in ein geräumiges Büro. Aufräumen, wischen, durchatmen.

An dieser Stelle wollen wir allen Sprechern und Sprecherinnen recht herzlich dafür danken, dass sie den Berliner Typostammtisch mit ihrem Wissen, ihren Erfahrungen und ihrer Leidenschaft mitgestaltet haben.

Ein weiterer großer Dank gilt Luc(as) de Groot und seinen Leuten. Danke, dass wir erneut bei euch sein durften und dass ihr uns so sehr beim Auf- und Abbau geholfen habt.

Publikum Pecha Kucha, Foto von Olli Meier

 

Typobau

Sprecher: Prof. Rayan Abdullah, Foto von Sibylle Schlaich

Professor Rayan Abdullah begann den Berliner Typostammtisch mit der Vorstellung zahlreicher arabischer Schrift-Projekte, die in Leipzig und Berlin in Zusammenarbeit mit dem Büro Dalton Maag in London in den letzten Jahren entstanden sind. Er gab kurze Einblicke in die Schriften McDonalds Arabic, Transport Dubai Arabic, Cordale Arabic, Ubuntu Arabic, Barclaycard Co Arabic, Aktiv Grotesk Arabic und die gesamte Schriftfamilie der arabischen Nokia.

 

In Memoriam

Folie aus dem Pecha Kucha von Daria Petrova

Daria Petrova überraschte mit einer in der Schriftszene weniger befremdlichen Liebe, welche aber außerhalb des Typostammtisches vielleicht zu Augenrollen führen könnte. Sie sprach über die Rolle der Schrift in der Denkmalkultur – oder anders: viele schöne Fotos von Grabsteinen; mal ernüchternd pragmatische Lösungen, mal skurrile Individualanfertigungen. Folgenden Satz aus dem Pecha Kucha von Daria wollen wir unkommentiert wirken lassen: „Du lebst wie eine Systemschrift und du stirbst wie eine Systemschrift.“

 

Schriftmuster/Schriftproben

Sprecher: Felix Walser, Foto von Constanze Hein

Felix Walser ging auf seine kürzlich abgeschlossene Diplomarbeit ein (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Fachklasse Schrift, Februar 2017), in der er mit Hilfe der Programmiersprache Python und der App Drawbot eine Sammlung experimenteller Schriftmuster automatisiert erstellte.

 

Ästhetisch Ökonomisch Überall

Sprecher: Florian Hardwig, Foto von Bernd Volmer

Florian Hardwig brachte uns sehr zum Lachen mit zahlreichen Fotos und ungewöhnlichen Lösungen für Umlaute, die über Ä, Ö und Ü weit hinausgingen – oder in die jeweiligen Buchstabenformen hineinragten. Mit seinem Überblick schuf er eine tolle Inspirationsquelle nicht nur für ungewöhnliche Umlaute.

 

Duftdrucker

Sprecher: Jürgen Siebert, Foto von Bernd Volmer

Unfassbar, aber wahr: Jürgen Siebert hat 1999 einen Artikel verfasst, der auf den 11. Mai 2017 datiert war, also genau auf den Tag, an dem der 66. Berliner Typostammtisch stattfinden sollte und er über sein Thema sprechen durfte – Duftdrucker für den Heimgebrauch. In einem fiktiven Zeitungsartikel beschreibt er genau diese neue Erfindung.
Wie kam es dazu? 1999 bat das Frankfurter Designbüro Xplicit fünfzig Freunde, für ihren Taschenkalender 2000 einen Blick in die Zukunft zu werfen. Jedem Teilnehmer wurde eine Jahreszahl zugeordnet. Jürgen bekam die 2017.

 

Classic French Stencil Lettering

Folie aus dem Pecha Kucha von Andreas Seidel

Andreas Seidel nahm uns mit auf eine typografische Reise durch die Normandie und Bretagne und gab Einblicke in Vorlieben für Mülleimer- oder Bootsbeschriftungen: Überall verfolgten ihn die offenbar landestypischen oder zumindest regional extrem beliebten Schablonenschriften.

 

Love and Peace Font: Moontype

Folie aus dem Pecha Kucha von Olli Meier

Mit seiner Schrift „Moontype“ startet Olli Meier den Versuch, mehr Liebe und Frieden zu verbreiten. Was wäre, wenn wir das Wort „Krieg“ gar nicht erst kennen würden? Schrifttechnisch kein Problem, zumindest nicht für Olli: Er hat seine Moontype so programmiert, dass sie das Wort Krieg quasi verweigert und automatisch durch „Frieden“ ersetzt. Und das in allen 24 Sprachen der (noch) 28 EU-Mitgliedsstaaten. Es gibt also quasi keinen Krieg mehr in Europa; und ausbrechen geht auch nicht: Das Wort „Brexit“ selber wird nämlich zerhackt.

Che

Sprecherin: Sol Matas, Foto von Marianna Paszkowska

Sol Matas zeigte uns die typografische Verbindung der Länder Deutschland und Argentinien anhand der Ligatur „ch“, die eine ausgesprochen große Wichtigkeit in der argentinischen Sprache hat (und wie ein deutsches „tsche“ ausgesprochen wird).

 

Am Korrektorat gespat

Folie aus dem Pecha Kucha von Sonja Knecht

Sonja Knecht hob den Zeigefinder auf eine wirklich sehr witzige und sympathische Art und zeigte uns, welche Wirkung Rechtschreibfehler haben. Finde den Fehler oder er findet dich! Vor allem da, wo man ihn gar nicht vermutet: in den eigenen Texten. Ob print, online oder handgeschrieben, ob Großkonzern oder Kiosk, der Teufel sitzt im Detail – manchmal im typografischen. Eine Hommage an der Texterin liebste Kollegen, die Korrektoren.

 

Mathematical Letters

Sprecherin: Petra Rüth, Foto von Sina

Petra Rüth machte einen Ausflug mit uns in die komplexe Welt von C.G. Roßberg und zu seinem Versuch, die Ästhetik von Buchstaben mit mathematischen Konstruktionen zu beschreiben (Systematische Anweisung zum Schön- und Geschwindschreiben von 1793). Fraktur, Kanzlei und Kurrent werden dekonstruiert, wieder zusammengesetzt, geschrieben, verziert – und gipfeln in faszinierenden Gesamtkompositionen.

 

41

Folie aus dem Pecha Kucha von Andreas Frohloff

Die eindrucksvolle Zahl von 41 Praktikantinnen und Praktikanten brachte Andreas Frohloff auf die Idee, die „wunderbaren Mitarbeiter auf Zeit“ der letzten 12 Jahre des FonFont Type Departments in Form eines Pecha Kuchas zu würdigen. Um so schöner, dass einige der ehemaligen PraktikantInnen sowohl im Publikum (Georg, Ivo, Jens, Alex, Sven, Jan Steven, Benedikt, Norman, Inga, Gergő, Sophie) als auch als Sprecher (Olli, Viktor) auf diesem Typostammtisch vertreten waren.

 

FontDrop! – Schau in Deine Fonts

Folie aus dem Pecha Kucha von Viktor Nübel

Viktor Nübel (auch er einer der ehemaligen Praktikanten aus Andreas Frohloffs Team) zeigte uns seine Web-App „FontDrop!“, mit der die Inhalte von OTF, TTF und WOFF Dateien schnell und übersichtlich angezeigt werden – und wie es dazu kam!

Alles in allem ein sehr gelungener, vielfältiger Abend mit über 100 glücklichen Gästen, die sich noch weit nach den Vorträgen intensiv austauschten. Danke an euch alle für die rege Teilnahme!

11.05.17: Pecha-Kucha-Abend

Im Mai widmen wir uns wieder einem inzwischen schon traditionell gewordenen Typostammtisch-Format: dem Pecha-Kucha-Abend.

In exakt 6 Minuten und 40 Sekunden stellen uns diesmal 12 Vortragende Themen vor, die sie bewegen. Die inhaltliche Bandbreite reicht von Arabischer und Argentinischer Schriftkultur, typografischen Werkzeugen, Experimenten und Fundstücken bis hin zu Vergangenem und Zukünftigem – es wird auf jeden Fall für jeden Schriftliebhaber etwas dabei sein.

An dieser Stelle wollen wir uns von ganzem Herzen bei allen Vortragenden bedanken, die mit ihrer Erfahrung, ihrem Wissen und ihrer Leidenschaft den Abend bereichern.

Wir freuen uns schon sehr auf:

Wann? Am Donnerstag, den 11. Mai um 19 Uhr.
Wo? Bei LucasFonts, Eisenacher Straße 56, 10823 Berlin-Schöneberg

U-Bahn: Linie U7 bis Eisenacher Straße
S-Bahn: Linie S1 bis Julius-Leber-Brücke oder S1, S41, S42, S45, S46 bis S Schöneberg
Bus: M48, M85, 104, 187, N42 bis Albertstraße

Bis dahin,
euer Typostammtisch-Team


Diesen Monat möchten wir auf folgende typografische Leckerbissen hinweisen:

Nur noch bis zum 7. Mai findet im Museum „The Kennedys“ die Ausstellung Plakatkunst im Ersten Weltkrieg aus der Sammlung der San Antonia Public Library statt. Etwas länger, aber auch nur noch bis Ende Mai kann man THEHAUS bewundern, wo ein altes Finanzgebäude unweit des Zoologischen Gartens von über 100 Streetart-KünstlerInnen bespielt wird. Für alle Liebhaber des Risographen findet am 5. Mai ab 14 Uhr das Risofest in den Räumlichkeiten von Urbanspree statt. Am Tag nach dem Typostammtisch wird um 18 Uhr das Ergebnis des Projekts Archiv aus Schriften der Universität der Künste Berlin präsentiert.


Die Titelzeile wurde in der Diurnal Display von Nikola Djurek gesetzt, die bei Typotheque erhältlich ist. Das Titelbild zeigt Ziffern des variablen Schriftsystems Fit, das von David Jonathan Ross gestaltet wurde.

Nachbericht Typostammtisch #54 oder Ein Abend (wie) aus dem Bilderbuch

Wie schon beim Jahresauftakt im Januar möchten wir auch diesmal die Gelegenheit nutzen und den letzten Typostammtisch Revue passieren lassen.

Vergangenen Donnerstag konnten wir ungefähr 84 Gäste im Café Bilderbuch begrüßen, die unserer Einladung zum – Besserwissende mögen mich bitte korrigieren — mittlerweile fünften Pecha-Kucha-Abend gefolgt sind. Für ein abwechslungsreiches Programm sorgten insgesamt zehn neun Vortragende, die uns an ihren Projekten, Arbeiten und Erfahrungen teilhaben ließen. Zu sehen gab es gemalte, handgeschriebene, parametrische, exotische, panische, retrofuturistische oder ornamentale Schrift, gepaart mit wissenswerten Einblicken und Anekdoten von ihren Macherinnen und Entdeckern.

Friedrich Althausen – „Nummer 23“
Friedrich Althausen – Nummer 23
Friedrich Althausen, freischaffender Typograf und Schriftgestalter, nahm uns mit auf eine Reise nach Caputh, wo es neben dem Schloss dank ihm nun auch schöne Hausnummern zu bewundern gibt.

Jenny Baese – „N punkt n punkt“Jenny Baese O.T.
Auch mit Jenny unternahmen wir einen kleinen Spaziergang. Das Ziel lag diesmal etwas weiter südlich, genauer genommen in Äthiopien, wo sie verschiedenste, meistens in Fidel geschriebene Alltagstypografie fotografisch festhielt.

Sonja Knecht – „Mopsdiebstahl oder Text in Not“Sonja Knecht – Mopsdiebstahl oder Text in Not
Schrift ist im urbanen Raum allgegenwärtig. Sonjas Fokus liegt jedoch nicht auf Leuchtbuchstaben oder Leitsystemen, sondern auf schriftlicher Kommunikation, die in der Not entstand. Sie ließ uns an ihrem analytischen Texterinnenblick teilhaben und führte uns unterhaltsam durch ihren Fundus aus textgewordenem Schmerz, Verlust und Hoffnung.

Thomas Maier – „Muster und Ornamente“Thomas Mayer – Muster und Ornamente
Spannende historische Beispiele der unterschiedlichsten Art kramte Thomas aus seiner reichhaltigen Sammlung hervor. Er ging unter anderem auf Muster für Wände, Fußböden, Reklame und Vorsatzpapier und deren Herstellungstechniken ein. Und am Schluss ging es dann doch noch irgendwie um Schrift.

Ulrike Rausch – „Handschriften mit Hand und Fuß“Ulrike Rausch Handschriften mit Hand und Fuß
Digitale Schriften mit handgemachtem Charakter sind Ulrike Rauschs Spezialgebiet. Einen wichtigen Beitrag leisten dabei umfangreiche Opentype-Features, die auch im Beyond Font und in ihrer neuesten Schrift – die Typostammtischbesucher erhielten eine exklusive visuelle Kostprobe – zum Einsatz kommen.

Petra Rüth – „Ansichten – handgeschriebene Schriftenposter“Petra Rüth ANSICHTEN Neudörffer
Einen Einblick in die Entwicklung und Dokumentation der geschriebenen Schrift gab uns Petra Rüth. Eine der Vorlagen war die erste Seite von „Anweysung einer gemeinen Handschrift“ von Johann Neudörffer d. Ä. aus dem Jahr 1538, die gleichzeitig auch ihre Lieblingsseite ist.

Aleksandra Samuļenkova – „Pilot: a narrow typeface for a wide audience“Aleksandra Samulenkova – Pilot
Pilot“ begann als Aleksandras Abschlussprojekt im Type and Media Kurs an der KABK Den Haag. In den letzten Jahren hat sie die Schrift stetig weiterentwickelt und überarbeitet, demnächst erscheint sie bei Bold Monday. Wer nicht so lange warten will, dem seien die Pilot Black Italic Caps in 24pt ans Herz gelegt, die bei Swamp Press erworben werden können.

Ferdinand Ulrich – „20 bemerkenswerte Schriften aus der Werkstatt p98a“Ferdinand Ulrich – 20 bemerkenswerte Schriften aus der Werkstatt p98a
In den zwei Jahren ihres Bestehens hat die Galerie p98a von Erik Spiekermann bereits jede Menge Schriften aus Holz, Blei und Plakadur gesammelt. Ferdinand stellte nun eine Auswahl von 20 der bemerkenswertesten vor. Neben Altbekannten wie der Akzidenz Grotesk und der auf dem 33. Typostammtisch vorgestellten Hunt Roman zeigte er auch eher unbekannte Schatten- und „Würstchenschriften“.

Bernd Volmer – „Mensch Maschine“Bernd Volmer – Mensch Maschine
Bernd zeigte uns seine Penplotter-Sammlung und ließ uns auch an seinen Überlegungen teilhaben, wie ein solches Gerät mithilfe von Robofont-Extensions, maßgeschneiderten Buchstabenskeletten und experimentellen Schreibwerkzeugen benutzt und immer wieder neu entdeckt werden kann. Mit anderen Worten: „Wir sind auf alles programmiert, und was du willst wird ausgeführt.“

Wir bedanken uns bei allen Vortragenden und Gästen für den sehr gelungenen Abend!

Besonders gefreut hat uns auch der Besuch von Leuten außerhalb des Schriftenkosmos’, wie zum Beispiel Michael Schmitz von „Smarter German“, der uns sogar lobend erwähnt in seinem April-Newsletter und von detailverliebten Menschen mit angenehmem Humor spricht, aber hört selbst:

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Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und gerne selbst einmal „aktiv“ an einem zukünftigen Typostammtisch teilnehmen möchte – egal ob 6:40 Minuten oder über die volle Distanz – kann sich jederzeit gerne persönlich oder per Mail mit uns in Verbindung setzen. Wir freuen uns auf spannende Vorschläge.

Der nächste Typostammtisch findet am 28. April 2016 wieder im Café Bilderbuch statt. Diesmal haben wir Ellmer Stefan von The Pyte Foundry aus Oslo bei uns zu Gast.

31.03.16: Pecha-Kucha-Abend

54. Berliner Typostammtisch

Im März widmen wir uns wieder einem inzwischen schon traditionell gewordenen Typostammtisch-Format: dem Pecha-Kucha-Abend.

In exakt 6 Minuten und 40 Sekunden — wie zuletzt beim Fünfzigsten — stellen uns insgesamt 10 Vortragende leidenschaftlich Themen vor, die sie bewegen. Die inhaltliche Bandbreite reicht dabei von Handgeschriebenem, Maschinellem, Dekorativem und Angewendetem bis hin zu Mysteriösem, es ist auf jeden Fall für jeden etwas dabei. An dieser Stelle auch schon mal ein herzliches Dankeschön an alle, die uns an ihren Ideen, Projekten und Geschichten teilhaben lassen.

Es freut uns ganz besonders, dass sich neben ein paar alten erfahrenen Hasen auch mehrere neue Stimmen und Gesichter der Herausforderung stellen.

In den Ring gegen die erbarmungslosen, nach 20 Sekunden automatisch weiterschaltenden Folien steigen diesmal:

  • Friedrich Althausen „Nummer 23“
  • Jenny Baese „N punkt n punkt“
  • Florian Hardwig „5 Jahre Fonts In Use“
  • Sonja Knecht „Mopsdiebstahl oder Text in Not“
  • Dr. Thomas Maier „Muster und Ornamente“
  • Ulrike Rausch „Handschriften mit Hand und Fuß“
  • Petra Rüth „Ansichten – handgeschriebene Schriftenposter“
  • Aleksandra Samuļenkova „Pilot: a narrow typeface for a wide audience“
  • Ferdinand Ulrich „20 bemerkenswerte Schriften aus der Werkstatt p98a“
  • Bernd Volmer „Mensch Maschine“

Wann? Am Donnerstag, den 31. März um 19 Uhr.
Wo? Im 1. OG (Beletage) des Café Bilderbuch, Akazienstraße 28, 10823 Berlin

U-Bahn: Linie U7 bis Eisenacher Straße
S-Bahn: Linie S1 bis Julius-Leber-Brücke
Bus: M48/M85/106/187/204 bis Kaiser-Wilhelm-Platz

Bis dahin,
euer Typostammtisch-Team

Neben dem Stammtisch gibt es viele weitere schriftbezogene Veranstaltungen in und um Berlin, von denen wir euch folgende Auswahl ans Herz legen:

Die 22. Leipziger Typotage werden Ende April vom Museum für Druckkunst in Leipzig veranstaltet. Am jeweils ersten Dienstag im Monat lädt die Staatsbibliothek Berlin zur Reihe „Materialität von Schriftlichkeit“ im Rahmen ihrer Wissenswerkstatt, diesmal dreht sich alles um den frühen Buchdruck im Arabischen Raum. Das Museum der Dinge in Berlin-Kreuzberg zeigt derzeit eine spannende Ausstellung zum Thema Masse und Klasse. Gebrauchsgrafik in der DDR mit jeder Menge Plakaten, Büchern, Verpackungen, Zeitschriften, aber auch Buchstaben von Gert Wunderlich und Axel Bertram.

Die Titelzeile wurde in dem Bold-Schnitt der Fabrikat von Christoph Koeberlin und Hannes von Döhren (HVD Fonts) gesetzt. Das Titelbild zeigt Ziffern, die von Christoph exklusiv für die Trikots des 1.FC Kaiserslautern gestaltet wurden.

{BTST 06.11}: Von Rockdesign zu Kulturstimmen

Zugegeben, ich bin noch immer überwältigt, wenn ich an den Jubiläumstypostammtisch vom letzten Donnerstag zurückdenke. Zum einen, weil mich die acht Pecha-Kucha-Vorträge durch die Bank begeistert haben und zum anderen, weil etwa rekordverdächtige 70 (!) Gäste der Einladung zur »passiven« Teilnahme gefolgt sind. Leute, Leute, wo soll das noch enden?

Die Vorträge gefielen so sehr, dass man sich nicht einmal von der Stuhl- und Luftknappheit die Laune verderben ließ. Noch einmal einen herzlichen Dank allen acht neun Präsentatoren. Dieses Format gefällt mir insbesondere deshalb, weil es auch mal diejenigen zur aktiven Teilnahme animiert, die einen ganzen Abend nicht zu füllen wagen – obwohl sie es könnten!

Ole Schäfer »Rockdesign«


Ole rockte (im wahrsten Sinne des Wortes mit Gitarre und Verstärker und geschätzten 120dB) gleich den ersten Vortrag zum Thema Gitarren und deren Design.

Alexander Branczyk »Keine Bahnhofs-, eine Flughafenschrift!«


Alexander berichtete von der Entwicklung der neuen Schrift für den Flughafen Berlin Brandenburg International.

Frank Rausch »Money, Money, Money«


Frank präsentierte sein typografisch und konzeptionell ansprechendes Banking-App Money, Money.

Jürgen Siebert »Die 10 größten Design-Job-Missverständnisse«


Jürgen deckte erstmals die zehn größten Missverständnisse im typischen Designer-Kunden-Verhältnis auf (in Kürze nachzulesen in der PAGE).

Andreas Frohloff »Einblicke in meine Federsammlung«


Andreas entführte uns in das große Reich seiner kalligrafischen Sammlung Schreibfedern.

Georg Seifert »Glyphs (Teil 2)«


Georg präsentierte nach dem jüngsten Programm-Launch den 2. Teil seines legendären 1. Vortrages über seinen Font-Editor Glyphs.

Christine Gertsch »Modono Mio«


Christine offenbarte interessante Einblicke in ihr Schriftprojekt Modono.

Silke Schaffrath & Ilja Wanka »Kultur gut stärken«


Silke und Ilja stellten ihr Designprojekt Kulturstimmen vor, das sie gemeinsam für und mit dem Deutschen Kulturrat umsetzten.

Fotos vom Abend finden sich dank Florian Hardwig in der Typostammtisch-Flickr-Gruppe bzw. in seinem Flickr-Account.

{BTST 06.11}: Pecha Kucha 2011

Grafik gesetzt in Amalia (Nikola Djurek)

Neben dem Typostammquiz am Ende eines Jahres geben wir uns in der Jahresmitte traditionell einer weiteren Besonderheit hin: dem Pecha-Kucha-Abend. Hierzu sind wieder alle, die ein passendes Thema ihrer Wahl auf jeweils 20 automatisch nach je 20 Sekunden wechselnden PDF-Folien vorstellen wollen, eingeladen, eben dies zu tun. Bis zu zehn Vorträge à 6 Minuten und 40 Sekunden werden den Rahmen für den Abend bilden (First come, first serve). Zur Feier der »runden« 25. Ausgabe des Berliner Typostammtisches besteht eine Extra-Herausforderung: auf einer der 20 Folien muss irgendwie sinnvoll die Zahl 25 eingebunden werden. Der Kreativität sind hierzu keine Grenzen gesetzt.

Unter twitter.com/typostammtisch werden die eingereichten Themen vorgestellt. Dort sind bereits die ersten bestätigten Vorträge zu finden: Continue reading „{BTST 06.11}: Pecha Kucha 2011“