Nachbericht 89. Typostammtisch: Die Zukunft mit Glyphs

Auf dem Weg zur Halloween-Edition des Typostammtischs wagten sich die Besucher durch eine Stadt, die von horrenden Schürfwunden und fehlenden Gliedmaßen gezeichneten und Süßigkeiten verzehrenden Kindern nur so wimmelte. Auf nach Schöneberg zu LucasFonts, um etwas über den Status Quo und die Zukunft von Glyphs zu erfahren! Wer es hergeschafft hatte, ohne von Zombies überfallen zu werden, erhielt auch bei uns Süßigkeiten – natürlich in Buchstabenform. Nachdem das zuvor aus Buchstabenkeksen gelegte Fontnerd-Scrabble bewundert worden war, nahmen die Gäste Platz, um ihre Aufmerksamkeit dem ersten Redner des Abends zu widmen: Jan Gerner aka Yanone.


Frühankömmlinge bastelten aus Russisch Brot ein kleines Fontnerd-Scrabble (und gaben damit einen dezenten Hinweis auf die Diversität des Fonteditor-Marktes).

Yanone, seines Zeichens Code-Junkie, Schriftgestalter und nicht zuletzt bekannt durch das Plug-in „Speedpunk“, stellte sein neues Projekt vor: type.world. Diese Plattform soll es Foundries unabhängig und direkt ermöglichen, Käufer und Tester mit ihren Fonts zu erreichen. Hierfür rief Yanone in seiner Kurzpräsentation zu Feedback auf, denn die Alpha-Phase solle demnächst in eine Beta übergehen. In diesem Sinne: Interessierte Foundries, bitte bei Yanone melden!


Die angestrebte Timeline von Yanones type.world-Projekt

Während dieses kleinen thematischen Schlenkers hielt sich bereits Rainer Erich Scheichelbauer bereit, zusammen mit Georg Seifert bekannt als die treibende Kraft hinter dem Font-Editor Glyphs, um uns etwas über die nahe und die noch etwas weiter entfernte Zukunft des beliebten Programms zu erzählen.

Da Georg an diesem Abend leider kurzfristig doch nicht dabei sein konnte, stellte sich Rainer alleine und in gewohnter Performancequalität dem versammelten Publikum. Los ging es mit Release Notes zur neuen 2.6.3-Version, mit der nun auch Old Hungarian Script und Byzantine Music Notation unterstützt werden. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Zur großen Freude aller und Überraschung weniger, die das Getuschel der letzten Wochen gekonnt überhört hatten, verkündete Rainer die baldige Veröffentlichung von Glyphs 3, an der das Glyphs-Team bereits seit mehr als zwei Jahren arbeitet. 


Der nächste große Schritt für Glyphs!

Nach dem Leitfaden „Beyond …“ führte Rainer durch die Glyphs-Vorschau. Angefangen mit Beyond Getting Lost: Ähnlich wie viele andere Programme bietet Glyphs 3 beim Öffnen einen Startdialog, der beispielsweise die zuletzt bearbeiteten Dateien zeigt oder mit einem Klick ein neues Projekt starten kann. Primär solle dieses Feature die zahlreichen Bug-Reports und Forum-Einträge obsolet machen, in denen der leere Bildschirm bei Programmstart als Fehlfunktion gewertet wurde. Weiter geht’s mit Beyond Latin Centrism: Beim Erstellen eines neuen Projekts können die geplanten Scripte individuell ausgewählt werden. So muss in Zukunft nicht alles von Hangul bis Hebrew konstant um Gestaltungsaufmerksamkeit betteln, während Latin ungefragt als Standard eingestellt ist.


Neue, erweiterte Filter ermöglichen die native Arbeit mit Mittellinien, die sofort als Outlines ausgegeben werden können.

Nebst kleineren Tüfteleien, wie der Umbenennung von „Instances“ in „Styles“ (Insight: offensichtlich noch Streitpunkt im Team), wird Glyphs 3 gänzlich neue Features enthalten, die viele Aspekte des Workflows erleichtern und erweitern sollen. Verbesserungen beim Zeichnen mithilfe des Pen-Tools, erweiterte Corner Components, neue eingebaute Filter, Brushes, verbessertes TrueType-Hinting, ein Script-Manager, sowie nativer Support für SF Symbols … Rainer kredenzte dem versammelten Publikum definitiv genügend Häppchen, um die Vorfreude zu entfachen. Abschließend blieb die spannende Frage, wann man sich selbst über die neue Software hermachen könne: Geplant ist eine Beta ab dem ersten Januar 2020, sowie ein Public Release im ersten Quartal desselben Jahres. Wir sind gespannt!

Natürlich ließen es sich unsere Besucher nicht nehmen, Rainer mit Fragen zu löchern – sowohl im direkten Anschluss an seine Präsentation, als auch im weiteren Verlauf des Abends (sorry, Rainer!). Mit einigem Abstand sei gesagt: Er scheint es zumindest überlebt zu haben und beantwortet im Glyphs-Forum wieder fleißig Anfragen. Zusätzlich zu den vielen Glyphs-Neuerungen gab es an diesem Abend noch allerhand Knabberzeug und Kaltgetränk zu verdauen. Zum Glück kamen die Zombies nicht bis in den zweiten Hinterhof, um den ohnehin schon gut besuchten Abend zu kapern oder Buchstabenkekse abzustauben. So blieb genügend Zeit, sich über das Gesehene, Ungesehene, oder auch ganz andere Sachen auszutauschen. Als sich unsere Besucher dann wieder nach Hause trauten, hinterließen sie ein rundum zufriedenes Typostammtisch-Team, das sich schon sehr auf den kommenden Termin, das TypostammQuiz, freut! Bis dahin!